Ankylosierende Spondylitis, AS, nach dem Erstbeschreiber Prof. Wladimir von Bechterew auch Morbus Bechterew genannt, ist eine chronische entzündliche Erkrankung vorwiegend der Wirbelsäule. Charakteristisch ist die Ossifikation (Verknöcherung) der Wirbelkörper, Gelenke und Bänder im Bereich der Wirbelsäule, die eine erhöhte Knochendichte vortäuschen kann. Tatsächlich ist aber, besonders im aktiven Krankheitsstadium, in vielen Fällen (bis 62 %) eine Osteoporose zu finden. Daraus resultiert ein erhöhtes Fraktur-Risiko.
Ziel einer Studie der Abteilung Rheumatologie der Universitätsklinik Maastricht, Niederlande, war die Auswertung der Häufigkeit und der Charakteristika von Wirbelfrakturen bei Patienten mit M. Bechterew.
Alle deutschen (14.127) und dänischen (970) Mitglieder der Internationalen Bechterew-Gesellschaft, ASIF (= Ankylosing Spondylitis International Federation), erhielten mit ihrer Mitgliederzeitschrift einen Fragebogen zugesandt.
Patienten, die in der Vergangenheit (klinisch gesicherte) Wirbelbrüche erlitten hatten, sollten den Fragebogen ausfüllen und zurücksenden. Gefragt wurde nach Alter, Geschlecht, Zeitpunkt der Diagnose, Krankheitsdauer, HLA-B27 -Status (Humanes-Leukozyten-Antigen, das bei AS zu 95 % vorkommt). Zusätzlich wurde um genauere Angaben zu den Brüchen gebeten (Zeitpunkt und Ort der Fraktur, vorangegangenes Trauma, neurologische Komplikationen wie Lähmungserscheinungen oder Muskelschwäche, Therapie und eventuelle Besserung der neurologischen Komplikationen).
Die Frakturen wurden in drei Kategorien eingeteilt:
- Fraktur ohne oder nach nur leichtem Trauma (32 % der Fälle)
- Fraktur nach Sturz auf einer Ebene, Fall eines mittelschweren Gewichtes (auf die Finger, Zehen o.ä.) oder Quetschung (24 % der Fälle)
- Fraktur nach Sturz von einer Ebene auf eine andere (z.B. Treppe) oder nach Auto- Unfällen (33 % der Fälle)
Verfügbare Röntgenbilder wurden ebenfalls in die Untersuchung einbezogen.
Von 15.097 angeschriebenen Patienten berichteten 59 (nur vollständig ausgefüllte Fragebögen wurden berücksichtigt) über zum Teil mehrfache Wirbelfrakturen, davon waren 46 Männer und 13 Frauen. Dies passt zum Bild des M. Bechterew, der vermehrt Männer betrifft, bzw. bei dem Frauen einen milderen Krankheitsverlauf aufweisen. 81 % der Patienten waren HLA-B27 positiv.
Die Patienten erlitten die Frakturen mit im Mittel 50 Jahren. Die Krankheitsdauer betrug zum Zeitpunkt des Ereignisses durchschnittlich 18 Jahre.
Jeweils 36 % der Frakturen fanden sich an Hals- und Brustwirbelsäule, 27 % an der Lendenwirbelsäule, der Rest wurde von den Patienten nicht genauer benannt.
56 % der Frakturen traten also ohne oder nach nur leichtem bis mittlerem Trauma auf. Die Entmineralisierung der Knochen war also bereits so stark fortgeschritten, dass keine besonders starke Einwirkung von außen notwendig war, um den Bruch herbeizuführen.
47 % der Patienten berichteten über neurologische Komplikationen, die meist ohne oder nur mit geringem vorherigem Trauma auftraten (wobei Luxationsfrakturen grundsätzlich mit neurologischen Komplikationen einher gingen). Über die Hälfte der betroffenen Patienten erreichte keine vollständige Ausheilung dieser Schädigungen. Es blieben Empfindungsstörungen, Lähmungserscheinungen u.ä. zurück.
Die relativ gering erscheinende Zahl von 59 Patienten (0,4 %) mit Wirbelfrakturen steht nicht ganz im Einklang mit anderen Studien, die von Zahlen zwischen 5 und 18 % berichten.
Allerdings wurden hier ja die Patienten direkt angesprochen, die möglicherweise akute Rückenschmerzen ihrer Erkrankung generell zugeschrieben und gar nicht die Möglichkeit einer Wirbelfraktur in Betracht gezogen haben. Leichtere Frakturen könnten auch mittlerweile vergessen worden sein.
Nicht bekannt ist natürlich auch die Zahl der Patienten, die die Mitgliederzeitung gar nicht gelesen und folglich auch den Fragebogen nicht beantwortet haben.
Literatur
Vosse D, Feldtkeller E, Erlendsson J, Geusens P, van der Linden S., Clinical vertebral fractures in patients with ankylosing spondylitis. Department of Internal Medicine, Division of Rheumatology, University Hospital Maastricht, Maastricht, The Netherlands. J Rheumatol. 2004 Oct;31(10):1981-5. (online)