Grundsätzlich ist es sinnvoll, dass bei einer geplanten Operation zwischen dem Operateur und dem behandelnden Rheumatologen Kontakt aufgenommen und das Vorgehen genau abgestimmt wird.
Ein weiterer allgemeiner Gesichtspunkt betrifft die Regel, dass sich das Vorgehen bei einer Operation nach der Art des Eingriffs richten muss (z.B. groß – klein, Weichteileingriff – Knochenoperation etc.) und nach der Erkrankung, insbesondere der aktuellen Krankheitsaktivität und dem therapeutischen Ansprechen auf die bisherige Behandlung (z.B. schnelles oder nur verzögertes Ansprechen auf die Therapie mit dem TNF-alpha Blocker, sofortige Zunahme der Krankheitsaktivität bei Therapiepausen in der Vorgeschichte oder relativ problemloser Verlauf unter solchen Therapiepausen), eventuell vorliegenden Begleiterkrankungen (z.B. Diabetes mellitus = Zuckerkrankheit) mit einem erhöhten Risiko für Wundheilungsstörungen und Infektionen sowie der sonstigen Medikation (z.B. Cortison oder Kombination mit anderen langwirksamen antirheumatischen Substanzen / DMARDs und / oder Immunsuppressiva, für die ein erhöhtes Risiko für Wundheilungsstörungen und Infektionen bekannt ist).
Problematisch ist eine Therapie mit TNF-alpha-Blockern im Hinblick auf einen operativen Eingriff aus folgenden Gründen:
Zum einen besteht ein möglicher Einfluß der TNF-alpha-blockierenden Therapie auf die Wundheilung.
Zum anderen stellt sich die Frage, ob bei einer Fortführung der Therapie mit einem TNF-alpha-Blocker perioperativ und postoperativ, d.h. während und nach der Operation, mit einem erhöhten Infektionsrisiko zu rechnen ist.
Dieses erhöhte Infektionsrisiko kann sich einerseits unmittelbar auf das Operationsgebiet beziehen, d.h. Infektionen im Bereich der Operationswunde / im Bereich der Naht, zum anderen aber auch auf nicht unmittelbar betroffene Organe wie die Lunge oder die Harnwege, die aber mittelbar im Zusammenhang mit der Operation auch eine Rolle spielen (die Lunge insbesondere dann, wenn eine Intubationsnarkose durchgeführt wird, d.h. eine Narkose mit Beatmung, speziell auch, wenn es sich um längere operative Eingriffe mit entsprechend längeren Narkosezeiten und u.U. sogar Nachbeatmungen und postoperativen Überwachungen auf der Intensivstation handelt).
Gegenwärtig gibt es keine in größeren Studien erhobenen Daten zum Verlauf und der Komplikationsrate von operativen Eingriffen bei Patienten, die mit Etanercept behandelt werden. Deshalb können für die Vorgehensweise bei geplanten operativen Eingriffen nur allgemeine Empfehlungen gegeben werden.
Empfehlenswerterweise sollte Etanercept wie andere Medikamente vor einer Operation ganz aus dem Körper ausgeschieden sein. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt, Etanercept eine Woche (2,7 Halbwertszeiten von Etanercept) vor der geplanten Operation abzusetzen.
Eine Studie, die auf dem US-amerikanischen Rheumatologen-Kongreß im Oktober 2004 in San Antonio vorgestellt wurde (Giles et al. 2004, TNF inhibitor therapy increases the risk of post-operative orthopedic infection in patients with rheumatoid arthritis [RA]. American College of Rheumatology 2004 meeting, San Antonio Oct 16-21, 2004; Abstract 1764.), deutet darauf hin, daß unter einer Therapie mit TNF-alpha-Blockern das Risiko für tiefe Wundinfektionen im Operationsgebiet erhöht ist.
Als Konsequenz aus dieser Studie gilt die derzeitige Empfehlung der Autoren, die Therapie mit einem TNF-alpha-Blocker vor einem geplanten orthopädischen Eingriff für einen Zeitraum zu unterbrechen, der der einfachen bis zweifachen Halbwertszeit der verwendeten Substanzen entspricht. Danach sollte die Therapie mit Etanercept etwa 7 Tage vor der Operation unterbrochen werden.
Für den sicheren Zeitpunkt für die Wiederaufnahme der Etanercept-Therapie im Anschluss an die Operation gibt es derzeit keine Empfehlungen. Diskutiert wird ein Sicherheitsabstand bis zum Abschluss des Wundheilungsprozesses, frühestens jedoch zwei Wochen nach dem Eingriff. Nach Abschluß der Wundheilung und fehlenden Infektionszeichen ist dann eine Wiederaufnahme der Etanercept-Therapie innerhalb des normalen Intervalls und damit die Fortführung der Therapie im üblichen Rhythmus möglich.